ESM – Ermächtigungsgesetz – 31.08.2011



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ESM = Ermächtigungsgesetz

31.08.2011
Der Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) stellt ein Ermächtigungsgesetz zur faktischen Abschaffung weitreichender und grundlegender demokratischer Befugnisse der Euro-Länder dar. Der Euro wird damit endgültig ein Macht-, Herrschafts-, Umverteilungs- und Enteignungsinstrument. von Joachim SteinhöfelDer Entwurffür den Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), welcher heute das Kabinett durchgewinkt hat,  ist öffentlich. Der Vertrag stellt ein Ermächtigungsgesetz zur faktischen Abschaffung weitreichender und grundlegender demokratischer Befugnisse der Euro-Länder dar, diesmal ein wenig subtiler eingefädelt und formuliert, als es im Falle des europäischen Verfassungsentwurfes des früheren französischen Präsidenten Giscard d’Estaing oder beim Vertrag von Lissabon der Fall war. Die Einrichtung (Politiker bevorzugen den Begriff „Fazilität“)  soll  auch als Bank agieren dürfen und mit hinterlegten Titeln dann auch von der EZB Geld leihen können. In Wahrheit ist das natürlich nichts anderes als die Umgehung des Staatsfinanzierungsverbots aus der Notenpresse. Augenscheinlich wurde dies nur noch nicht erkannt.Der Euro wird endgültig ein Macht-, Herrschafts-, Umverteilungs- und Enteignungsinstrument.Die als „Garantien“ getarnten illegalen Transferleistungen (Art. 125 EU-Verfassung) an andere Staaten gehen zu Lasten des Gestaltungsspielraums für die BRD und betreffen Ausgabenoptionen inklusive der Grundversorgungsaufgaben für Schulen, Infrastruktur, Soziales, Verteidigung unmittelbar. Erfolgreichen Nationen werden die Früchte ihrer Arbeit abgenommen und planwirtschaftlich in weniger leistungsfähige oder im faktischen Konkurs befindliche Länder umverteilt.Dass in den sich schon jetzt wie Protektorate Brüssels gerierenden Ländern wie Griechenland und Irland durch die Geldschwemme Besserungen  eintreten könnten, kann ausgeschlossen werden. Alle Anzeichen deuten auf das Gegenteil hin. Die Zahlungen/Garantien sind unwiderruflich verloren. Für die Bundesrepublik bedeutet dies Lasten, die fast die Höhe eines zweiten Bundeshaushaltes erreichen und in Kürze durchgreifende Auswirkungen auf die Bonität mit entsprechenden  Folgen für die Zinslast haben werden.Der ESM begründet wesentliche Einschränkungen unserer staatlichen Souveränität, die Budgethoheit des Parlaments ist beendet.1. Das Grundkapital des ESM beträgt € 700.000.000.000,00 (Art. 8 Abs. 1). Gemäß Abs. 4 verpflichten sich die ESM-Mitglieder sich bedingungslos und unwiderruflich, ihre Einlage auf das Grundkapital zu leisten. Dem Wortlaut nach sind damit auch zukünftige Regierungen gebunden.2. Nach Art. 10 Abs. 1 kann der „Gouverneursrat“ (man kann dies mit Zentralkomittee oder Oberstem Sowjet übersetzen) Änderungen des Grundkapitals beschliessen. Was nichts anderes heisst, als das über die € 700.000.000.000,00 hinaus „bedingungslos und unwiderruflich“ weitere Einlagen zu leisten wären, fiele ein solcher Beschluss. Die Frage, ob, wenn Erhöhungen zulässig sind, diese auch erfolgen werden, ist rein rhetorisch.3. Damit nicht genug. Über das bereits enorme Grundkapital hinaus und über die weitere Möglichkeit, mit einfacher Mehrheit dessen Aufstockung zu beschliessen, ist der ESM gem. Art. 17 Abs. 1 ermächtigt, zur Erfüllung seiner Aufgaben auf den Kapitalmärkten Kredite von Banken, Finanzinstituten oder sonstigen Personen oder Einrichtungen aufzunehmen. Eine parlamentarische Kontrolle ist nicht vorgesehen. Denn die Modalitäten der Kreditaufnahmen werden lediglich vom Geschäftsführenden Direktor im Einklang mit den die Einzelheiten regelnden, vom Direktorium zu verabschiedenden Leitlinien bestimmt (Abs. 2).

4. Dass alles mit rechten Dingen zugeht, gewährleistet Art. 25 („Externe Rechnungsprüfung“). „Die Prüfung der Rechnungsführung des ESM erfolgt durch unabhängige externe Prüfer, die vom Gouverneursrat bestätigt werden.“ Eine gelungene Garantie für Unabhängigkeit, wenn der zu Prüfende ich seinen Prüfer selber aussuchen darf.

5. Durch die Immunitätsregeln (Art. 27 und 30) sind das Konstrukt ESM und dessen Organe jeglicher gerichtlicher und parlamentarischer Kontrolle vollständig entzogen.

„Der ESM, sein Eigentum, seine Finanzmittel und Vermögenswerte genießen unabhängig von ihrem Standort und Besitzer umfassende gerichtliche Immunität“.

“Das Eigentum, die Finanzmittel und Vermögenswerte des ESM sind unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, von Zugriff durch Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jede andere Form der Inbesitznahme, Wegnahme oder Zwangsvollstreckung durch Regierungshandeln oder auf dem Gerichts-, Verwaltungs- oder Gesetzesweg befreit.”

“Die Archive des ESM und alle ihm gehörenden oder in seinem Besitz befindlichen
Dokumente im Allgemeinen sind unverletzlich.”

“Die Räumlichkeiten des ESM sind unverletzlich.”

“Die Gouverneursratsmitglieder, stellvertretenden Gouverneursratsmitglieder, Direktoren, stellvertretenden Direktoren, der Geschäftsführende Direktor und das Personal genießen Immunität von der Gerichtsbarkeit hinsichtlich der in ihrer amtlichen Eigenschaft vorgenommenen Handlungen und Unverletzlichkeit in Bezug auf ihre amtlichen Schriftstücke…”.

Der ESM ist ein grob verfassungswidriges Konstrukt, das auf die Abschaffung grosser Teile unserer verfassungsmäßigen Ordnung und unserer freiheitlichen parlamentarischen Demokratie gerichtet ist. So muss es wohl auch sein, wenn denn die Einführung von quasi-planwirtschaftlichen Vorgaben (siehe Ziffer 3 der Präambel) eines der Kernziele des Vertrages ist:

„Die strenge Einhaltung des Rahmenwerks der Europäischen Union, der integrierten makroökonomischen Überwachung, insbesondere des Stabilitäts- und Wachstumspaktes….“

Der Gesetzentwurf spricht die Sprache der Panik, der Angst. Mehr: www.steinhoefel.de

CHRONIK 1923

Januar 2. – 4. 1. Auf der Konferenz der Alliierten in Paris fordern Delegierte der britischen Regierung einen vierjährigen Zahlungsaufschub für das Deutsche Reich. Der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré verlangt hingegen Zwangsmaßnahmen wie die Besetzung des Ruhrgebiets zur Sicherstellung der Reparationsleistungen. Die Gespräche werden wiederum ergebnislos abgebrochen.3. 1. Der Wert des US-Dollars steigt auf 7.525 Mark.Tod des tschechischen Schriftstellers Jaroslav Hašek (1883-1923) in Lipnice nad Sázavou (Ostböhmen).4. 1. In einem Nachtrag zu seinem Testament empfiehlt der sowjetische Regierungschef Wladimir I. Lenin der Kommunistischen Partei die Ablösung Josef W. Stalins als Generalsekretär. Der schwerkranke Lenin warnt vor Stalins Machtinteressen und Skrupellosigkeit.9. 1. Gegen den Einspruch Großbritanniens stellt die alliierte Reparationskommission den Rückstand der deutschen Kohlelieferungen fest.10. 1. Belgien und Frankreich informieren das Deutsche Reich offiziell von der beabsichtigten Ruhrbesetzung. Die Besetzung solle die Kohlelieferungen sichern und diene keinen militärischen Zwecken.Besetzung des unter alliierter Verwaltung stehenden Memelgebiets durch litauische Truppen.11. 1. Französische und belgische Truppen marschieren in das Ruhrgebiet ein.Veröffentlichung des religionsphilosophischen Werks „Ich und Du“ von Martin Buber in Leipzig.12. 1. Die Reichsregierung stellt alle Reparationslieferungen und Sachlieferungen an Frankreich und Belgien ein.13. 1. Reichskanzler Wilhelm Cuno verkündet im Reichstag den „passiven Widerstand“ gegen die Besatzungstruppen im Ruhrgebiet. Dazu gehört die Verweigerung jeglicher Zusammenarbeit mit den Besatzern.15. 1. Französische Truppen besetzen Bochum, Witten, Recklinghausen und Dortmund.18. 1. Der Wert des US-Dollars erreicht einen Stand von 23.000 Mark.24. 1. Wegen der Weigerung, Kohle zu liefern, werden der Zechenbesitzer Fritz Thyssen und weitere Industrielle vom französischen Kriegsgericht in Mainz zu hohen Geldstrafen verurteilt.26. 1. Das Londoner Ultimatum der alliierten Reparationskommission wird in Kraft gesetzt. Deutschland ist damit zu jährlichen Zahlungen in Höhe von 3,6 Milliarden Mark verpflichtet.27. – 29. 1. Erster Parteitag der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) in München. Innerhalb eines Jahres ist die Mitgliederzahl der Partei von 6.000 auf 55.000 gestiegen.

Februar 4. 2. Die Franzosen dehnen das Besatzungsgebiet am Rhein weiter aus und besetzen die Städte Offenburg und Appenweier.Abbruch der Friedenskonferenz zwischen den alliierten Staaten und der Türkei in Lausanne aufgrund griechisch-türkischer Spannungen und unterschiedlicher Wirtschaftsinteressen von Frankreich und Großbritannien.6. 2. Die alliierten Staaten leisten der türkischen Aufforderung nach Abzug der alliierten Kriegsschiffe aus dem Hafen von Smyrna (heute: Izmir) Folge.8. 2. Der nationalsozialistische „Völkische Beobachter“ wird in eine Tageszeitung umgewandelt. Hauptschriftleiter ist Dietrich Eckart.Der passive Widerstand heizt die Inflation stark an. Die Tagesproduktion der deutschen Notenpresse soll von 45 Milliarden auf 75 Milliarden bis Ende des Monats gesteigert werden.10. 2. Tod des Physikers Wilhelm Conrad Röntgen in München.13. 2. Die deutsche Zollgrenze wird von der westlichen Reichsgrenze an die Ostgrenze des besetzten Ruhrgebiets verlegt.16. 2. Die Botschafterkonferenz der alliierten Staaten stimmt der Übergabe des Memelgebiets an Litauen zu.20. 2. Der Oberbefehlshaber der französischen Besatzungstruppen im Ruhrgebiet erläßt ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gegen alle deutschen Regierungsmitglieder.

März 1. 3. Die Besatzungsmächte im Ruhrgebiet drohen die Todesstrafe für Sabotageakte und passiven Widerstand im Eisenbahntransportwesen an.3. 3. Die von Reichspräsident Friedrich Ebert erlassene Verordnung über Spionage stellt die Zusammenarbeit mit den französischen und belgischen Besatzungsbehörden unter hohe Zuchthausstrafe.Französische Truppen besetzen die großen Eisenbahnwerkstätten von Darmstadt sowie die Karlsruher Hafenanlagen.6. 3. Der amerikanische Sportler Johnny Weissmuller (1904-1984) schwimmt als erster Mensch die Strecke über 400 m Freistil unter fünf Minuten (4:57).10. 3. Der nationalsozialistische Publizist und Politiker Alfred Rosenberg wird Hauptschriftleiter des NSDAP-Organs „Völkischer Beobachter“.16. 3. Uraufführung des Stücks „Der Unbestechliche“ von Hugo von Hofmannsthal.20. 3. Das bayerische Innenministerium lehnt einen Antrag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) auf Verbot der nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA) ab. Diese hatte sich mit Mitgliedern anderer Parteien Schlägereien geliefert.22. 3. Der preußische Innenminister Carl Severing (SPD) befürchtet einen Putschversuch seitens der Deutschvölkischen Freiheitspartei (DVFP) und verfügt ein Verbot der Partei.26. 3. Tod der französischen Schauspielerin Sarah Bernhardt (1844-1923) in Paris.31. 3. Französische Soldaten erschießen im Essener Krupp-Werk dreizehn Arbeiter, die gegen die Beschlagnahmung von werkseigenen Personenkraftwagen demonstrieren.

April 4. 4. Der ehemalige Menschewikenführer Julij Martow stirbt. Er hatte mit Lenin entscheidend am Aufbau der Sozialdemokratie in Rußland mitgewirkt.7. 4. In Essen verhaftet die französische Militärpolizei den ehemaligen Freikorpsoffizier Albert Leo Schlageter wegen mutmaßlicher Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf die Eisenbahnstrecke Dortmund-Duisburg. Schlageter ist seit 1922 Mitglied der NSDAP.Durch einen deutschen Sabotageakt auf den Rhein-Herne-Kanal wird der Abtransport von größeren Kohlemengen beträchtlich erschwert.10. 4. In Anwesenheit von Reichspräsident Ebert hält der Reichstag eine Trauerfeier für die in Essen erschossenen Arbeiter ab.16. 4. Die Reichsregierung signalisiert aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Ruhrbesetzung die Bereitschaft zur Wiederaufnahme der eingestellten Reparationsleistungen. Ihr Angebot einer Zahlung von insgesamt 30 Milliarden Goldmark wird als indiskutabel abgelehnt.20. 4. Im Berliner Großen Schauspiel von Max Reinhardt findet die letzte Theaterinszenierung statt. Danach soll das 5.000 Plätze bietende Haus für Operetten und Revuen genutzt werden.23. 4. Die am 4. Februar abgebrochene Konferenz von Lausanne zwischen den Alliierten und der Türkei wird fortgeführt.25. 4. Das 1922 veröffentlichte satirische Mappenwerk „Ecce Homo“ von George Grosz wird wegen „unzüchtiger Darstellungen“ in Berlin beschlagnahmt.27. 4. Veröffentlichung des psychoanalytischen Werks „Das Ich und das Es“ von Sigmund Freud im Internationalen Psychoanalytischen Verlag.29. 4. In Hessen wird die NSDAP wegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen verboten.30. 4. Eine französische Untersuchung des „Essener Blutbads“ kommt zu dem Ergebnis, daß sich die französischen Truppen im Zustand der Notwehr befunden hätten, als sie auf die streikenden Krupp-Arbeiter schossen.

Mai 1. 5. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Firma Krupp, Gustav Krupp zu Bohlen und Halbach, wird im Zusammenhang mit dem Zwischenfall im Essener Krupp-Werk von den Franzosen verhaftet.8. 5. Das französische Kriegsgericht in Düsseldorf verurteilt Gustav Krupp zu 15 Jahren Gefängnis und 100 Millionen Mark Geldstrafe.11. 5. Der US-Dollar wird mit 40.500 Mark gehandelt.12. 5. Neunter Kongreß des Internationalen Frauenstimmrechtsverbands in Rom eröffnet.13. 5. Der in anderen Ländern bereits etablierte Muttertag wird erstmals in Deutschland allgemein gefeiert.15. 5. Französische Truppen besetzen die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF) in Ludwigshafen sowie die Farbwerke Hoechst.17. 5. Veröffentlichung des philosophischen Werks „Geist der Utopie“ von Ernst Bloch.18. 5. Der konservative britische Premierminister Andrew Bonar Law (1858-1923) tritt wegen einer schweren Kehlkopferkrankung zurück. Sein Nachfolger wird der bisherige Schatzkanzler Stanley Baldwin (1867-1947).24.-26. 5. Gründung der Sozialistischen Jugendinternationale in Hamburg. Erster Sekretär wird Erich Ollenhauer.26. 5. Der von einem französischen Kriegstribunal wegen Geheimbündelei und Spionage zum Tode verurteilte Schlageter wird hingerichtet. Dies löst in Deutschland zahlreiche Proteste aus. Da sich Kommunisten und Nationalsozialisten auch gemeinsam am Widerstand mit Sabotageakten beteiligen, wird in Teilen beider Parteien über eine Zusammenarbeit nachgedacht.26./27. 5. In Le Mans findet das erste 24-Stunden-Rennen statt.29. 5. Ein von Kommunisten initiierter Bergarbeiterstreik im besetzten Ruhrgebiet wird nach neun Tagen beendet. Hunderttausende von Arbeitern streikten erfolgreich für eine 50prozentige Lohnerhöhung als Inflationsausgleich

Juni 7. 6. In einer Denkschrift an die alliierten Staaten erklärt die Reichsregierung ihre Bereitschaft zur Leistung der jährlichen Reparationszahlungen. Die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft soll von einem internationalen Gremium überprüft werden. Frankreich und Belgien fordern vorab die Einstellung des passiven Widerstands, was die Reichsregierung ablehnt.8. 6. Die Lehrerin und Frauenrechtlerin Helene Lange erhält die Ehrendoktorwürde der Staatswissenschaften der Universität Tübingen.10. 6. Die Überführung der Leiche Schlageters in seinen Geburtsort Schönau (Baden) nehmen die NSDAP und vaterländische Verbände zum Anlaß, Schlageter-Gedächtnisfeiern abzuhalten.Neuer Deutscher Fußballmeister wird der Hamburger SV durch einen 3:0-Sieg über Union Oberschöneweide.13. 6. Der US-Dollar erreicht einen Wechselkurs von 100.000 Mark.16. 6. Der russisch-orthodoxe Patriarch von Moskau gibt eine Loyalitätserklärung für den Sowjetstaat ab und wird aus der Haft entlassen.19. 6. Die Kriegsschulden Großbritanniens an die USA werden auf 4,6 Milliarden Dollar festgelegt.20. 6. In einer Rede vor der Kommunistischen Internationale (Komintern) in Moskau würdigt Karl Radek, sowjetisches Präsidiumsmitglied der Komintern, den hingerichteten Schlageter als „mutigen Konterrevolutionär“. Er beabsichtigt einen Brückenschlag zum rechten Radikalismus.27. 6. Papst Pius XI. (1857-1939) empfiehlt in einem Offenen Brief an die Gläubigermächte eine Überprüfung der deutschen Reparationsverpflichtungen.

Juli 4. 7. Veröffentlichung des Buchs „Michael Bakunin und die Anarchie“ von Ricarda Huch im Insel-Verlag Leipzig.6. 7. Nach Billigung durch das sowjetische Zentralexekutivkomitee tritt die erste Verfassung der UdSSR in Kraft.9. 7. In Lausanne einigen sich die alliierten Staaten und die Türkei über die Räumung der von britischen Truppen besetzten Stadt Konstantinopel (heute: Istanbul).11. 7. Die Reichsregierung veröffentlicht eine Bilanz der Ruhrbesetzung: 80.000 französische und 7.000 belgische Soldaten sind stationiert, 17.000 Eisenbahner aus beiden Länder verrichten die Arbeit ihrer ausgewiesenen deutschen Kollegen, 92 Menschen wurden bisher getötet und über 70.000 ausgewiesen.13. 7. Der wegen seiner Teilnahme am Putsch von Walther von Lüttwitz in Untersuchungshaft einsitzende ehemalige Freikorpsführer Hermann Ehrhardt flieht aus dem Leipziger Untersuchungsgefängnis. Die Flucht Ehrhardts, der auch zu den Hintermännern der Morde an Matthias Erzberger und Walther Rathenau zählt, wird von der politischen Rechten begrüßt.14. 7. Die NSDAP nutzt das 13. Deutsche Turnfest in München zu einer Großkundgebung. Adolf Hitler fordert die Wiederherstellung der „deutschen Ehre und Freiheit“ sowie die Außerkraftsetzung des Versailler Vertrags. Die anschließende Demonstration der NSDAP wird von der Polizei gesprengt.18. 7. Die italienische Regierung legt ein Programm zur „Entnationalisierung“ von Südtirol vor: Fast alle deutschen Ortsnamen werden durch italienische ersetzt, Amts- und Unterrichtssprache wird Italienisch. Deutsche und Österreicher erhalten nur noch eine dreimonatige Aufenthaltserlaubnis, während die Ansiedlung von Italienern gefördert wird.24. 7. Friedensvertrag von Lausanne zwischen Griechenland und der Türkei. Griechenland verzichtet auf das türkische Festland.30. 7. Der Wert des US-Dollar überschreitet die Eine-Million-Mark-Grenze.

August 2. 8. Der US-Präsident Warren G. Harding (1865-1923) stirbt in San Francisco an einem Schlaganfall. Sein Nachfolger wird der bisherige Vizepräsident Calvin Coolidge (1872-1933).8. – 10. 8. Während der Reichstagsdebatten fordern Sprecher der bürgerlichen Mitte einen Kurswechsel in der deutschen Ruhrpolitik.8. 8. Reichskanzler Cuno bekennt sich trotz wachsender Kritik zum passiven Widerstand. Er macht die Fortführung seiner Regierung jedoch von einem Vertrauensvotum des Reichstags abhängig.10. 8. Reichspräsident Ebert erläßt eine Notverordnung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, die den Reichsinnenminister ermächtigt, verfassungsfeindliche Druckschriften zu verbieten.11. 8. In einer Note an Frankreich und Belgien verurteilt Großbritannien die Ruhrbesetzung als rechtswidrig.12. 8. Reichskanzler Cuno verliert die parlamentarische Unterstützung für seine Politik und tritt zurück.13. 8. Gustav Stresemann wird als neuer Reichskanzler und Außenminister vereidigt. Er bildet eine Große Koalition von DVP, DDP, Zentrum und SPD.15. 8. In Weimar wird die erste Bauhaus-Ausstellung mit einem Vortrag des Architekten Walter Gropius eröffnet. Die Lehrenden, unter ihnen Wassiliy Kandinsky, Paul Klee und Lyonel Feininger, stellen eine Auswahl ihrer Arbeiten vor.23. 8. Die türkische Nationalversammlung ratifiziert den Friedensvertrag von Lausanne. Daraufhin beginnen die Alliierten mit der Räumung Konstantinopels.

September 7. 9. In New York wird der US-Dollar mit 53 Millionen Mark gehandelt.13. 9. Errichtung einer Militärdiktatur in Spanien unter General Miguel Primo de Rivera (1870-1930). Es gibt keinen offenen Widerstand gegen den Staatsstreich, der auch von König Alfons XIII. (1886-1941) unterstützt wird.16. 9. In Köln-Müngersdorff wird das bislang größte Stadion Europas eingeweiht. Es faßt 80.000 Zuschauer.17. 9. Der US-Dollar steht bei 200 Millionen Mark.19. 9. In Leipzig hat das Theaterstück „Hinkemann“ von Ernst Toller Premiere.21. 9. Im besetzten Rheinland beginnt die Rheinlandkommission mit der Ausgabe von Notgeld.24. 9. Angesichts der finanziellen Misere stimmen mit Ausnahme der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) alle großen Parteien dem Vorschlag Reichskanzler Stresemanns über die Beendigung des passiven Widerstands im Rheinland zu.26. 9. In Berlin kostet ein Laib Brot 10,37 Millionen Mark; ein Kilo Rindfleisch wird für 76 Millionen Mark verkauft.Reichskanzler Stresemann gibt den Abbruch des passiven Widerstands und die Wiederaufnahme von Reparationslieferungen bekannt.In der „Ordnungszelle“ Bayern reagiert die Regierung auf Gerüchte über einen bevorstehenden Putsch mit der Verhängung des Ausnahmezustands. Der republikfeindlich eingestellte Gustav Ritter von Kahr wird zum bayerischen Generalstaatskommissar ernannt und erhält diktatorische Vollmachten. Daraufhin befürchtet die Reichsregierung einen bayerischen Rechtsputsch gegen Berlin. Reichspräsident Ebert verhängt den Ausnahmezustand über das gesamte Deutsche Reich.28. 9. Reichswehrminister Otto Geßler verbietet Druck und Vertrieb des „Völkischen Beobachters“ wegen eines Reichskanzler Stresemann verunglimpfenden Artikels.

Oktober 1. 10. Reichskanzler Stresemann fordert zur Überwindung der Wirtschaftskrise ein Ermächtigungsgesetz zur Beschleunigung von Gesetzgebungsverfahren. Da die SPD ihre Zustimmung verweigert, kommt es zur Regierungskrise.2. 10. Für einen US-Dollar werden 242 Millionen Mark gezahlt.3. 10. Rücktritt der Regierung. Stresemann wird erneut mit der Regierungsbildung betraut.6. 10. Die SPD lenkt in der Frage des Ermächtigungsgesetzes ein. Die neue Reichsregierung der bisherigen Koalitionsparteien SPD, DDP, DVP und Zentrum wird vereidigt. Hans Luther (parteilos) löst als neuer Finanzminister Rudolf Hilferding (SPD) ab.8. 10. Eröffnung des neuen Flughafens auf der Tempelhofer Feld in Berlin.9. 10. Gründung der Preußischen Bergwerks- und Hütten-AG (Preussag AG).10. 10. Der Wert des US-Dollars springt auf 2,9 Milliarden Mark.In Sachsen wird eine Koalitionsregierung aus SPD und KPD gebildet. Die Reichsregierung sieht sich nun auch von einem kommunistischen Umsturzversuch bedroht.11. 10. Reichswehrminister Geßler verbietet das kommunistische Zentralorgan „Die Rote Fahne“, weil sie zur Vorbereitung eines Generalstreiks aufgerufen hat.13. 10. Der Reichstag verabschiedet das Ermächtigungsgesetz.Der Reichswehrbefehlshaber in Sachsen verbietet die proletarischen Kampfverbände (Proletarische Hundertschaften). Der kommunistische Finanzminister ruft zur Bewaffnung der Proletarischen Hundertschaften auf.16. 10. Die Reichsregierung gibt die Errichtung der Deutschen Rentenbank bekannt. Damit sind die Voraussetzungen für den Übergang zur Rentenmark geschaffen.Ebenso wie in Sachsen wird in Thüringen eine Koalitionsregierung von SPD und KPD gebildet.18. 10. Die rechtsgerichtete bayerische Regierung bricht die Beziehungen zur sächsischen Regierung ab.19. 10. Der US-Dollar kostet 12 Milliarden Mark.20. 10. Der bayerische Reichswehrkommandeur, General Otto von Lossow (1863-1938), weigert sich, das Verbot des „Völkischen Beobachters“ auszuführen und wird von Reichspräsident Ebert seines Amtes enthoben. Die bayerische Staatsregierung hält die Amtsenthebung für rechtswidrig und unwirksam.21. 10. In Aachen rufen Separatisten eine unabhängige Rheinische Republik aus. Vier Tage später proklamieren Separatistenführer die Errichtung der Unabhängigen Rheinischen Republik. Ihr Vorhaben scheitert am 16. November am Widerstand der Bevölkerung und der Regierung.22. 10. Auf Weisung von Reichswehrminister Geßler rücken Reichswehrtruppen in Sachsen ein. Die KPD hatte gemeinsam mit den linksgerichteten SPD-Landesverbänden den Widerstand gegen die Reichsregierung proklamiert.23. 10. In Hamburg wird ein Aufstand der Kommunisten unter Führung von Ernst Thälmann durch die Polizei blutig niedergeschlagen.24. 10. General Lossow, Kommandeur der 7. bayerischen Reichswehrdivision, unterbreitet hohen bayerischen Militärs seine gegen Berlin gerichteten Putsch- und Diktaturpläne.In Berlin wird der erste Tonfilm in Deutschland vorgeführt: „Das Leben auf dem Dorfe“ ist wochenlang ausverkauft.29. 10. Reichspräsident Ebert ermächtigt die Reichsregierung zur Reichsexekutive gegen Sachsen. Die sächsische SPD/KPD-Regierung wird abgesetzt.Erste deutsche Radiosendung in Berlin.Die türkische Nationalversammlung erklärt die Türkei zur Republik. Kemal Atatürk wird Staatspräsident. Zu seiner Modernisierungspolitik gehören auch Alphabetisierungs- und Frauenemanzipationskampagnen.30. 10. Tod des britischen Politikers Andrew Bonar Law in London.

November 1. 11. Die SPD verlangt ein schärferes Vorgehen der Reichsregierung gegen Bayern sowie die Einstellung der Maßnahmen gegen Sachsen.2. 11. Da Reichskanzler Stresemann die Forderungen der SPD nicht akzeptiert, kommt es zum Bruch der Koalition. Die SPD-Minister treten zurück. Die Minister der übrigen Parteien bleiben als Rumpfkabinett im Amt.5. 11. Reichswehrtruppen rücken in Thüringen ein. Wie in Sachsen hatte die KPD zum Widerstand gegen die Reichsregierung aufgerufen.8./9. 11. Hitler-Putsch: Adolf Hitler verkündet im Münchener Bürgerbräukeller die „nationale Revolution“, erklärt die bayerische Regierung für abgesetzt und proklamiert den „Marsch auf Berlin“. Die Landespolizei schlägt an der Münchener Feldherrnhalle den Putsch gewaltsam nieder. Die NSDAP wird verboten.9. 11. Reichspräsident Ebert überträgt General Hans von Seeckt die vollziehende Gewalt.Der deutsche Rundfunk sendet erstmals politische Nachrichten.11. 11. Hitler wird verhaftet.Der US-Dollar steht bei 631 Milliarden Mark.12. 11. In Thüringen veranlaßt die Landesregierung den Rücktritt der beiden kommunistischen Minister. Mit der Preisgabe der am 16. Oktober gebildeten Koalition von SPD und KPD wird die drohende Absetzung der Landesregierung verhindert.Reichspräsident Ebert ernennt den Bankier Hjalmar Schacht zum Reichswährungskommissar.14. 11. Mit einem neuen Wahlgesetz sichern sich die italienischen Faschisten die notwendige Mehrheit für Verfassungsänderungen im Parlament: Die stärkste der Parteien mit mehr als 25 Prozent der Stimmen soll zwei Drittel der Mandate erhalten.16. 11. Die Deutsche Rentenbank beginnt mit der Ausgabe der neuen Rentenmark (Währungsreform). Für eine Billion Mark wird eine Rentenmark ausgezahlt.In Berlin wird Charles Chaplins „The Kid“ als erster abendfüllender Spielfilm gezeigt.20. 11. Für alle Börsen wird ein Kurs von 4,2 Rentenmark für einen US-Dollar festgelegt.23. 11. Im Reichstag bringt die SPD wegen des unterschiedlichen Verhaltens der Reichsregierung gegen Bayern und Sachsen ein Mißtrauensvotum ein. Die DNVP spricht ein eigenes Mißtrauensvotum aus. Stresemann stellt die Vertrauensfrage und unterliegt. Er tritt zurück.General von Seeckt erläßt ein reichsweites Verbot der NSDAP, der DVFP und der KPD.28. 11. Wilhelm Marx (Zentrum) bildet die neue Regierung als bürgerliches Minderheitskabinett von Zentrum, DVP und DDP. Stresemann bleibt Außenminister.30. 11. Einberufung eines internationalen Sachverständigenausschusses zur Untersuchung der deutschen Zahlungsfähigkeit unter dem Vorsitz des amerikanischen Finanzfachmanns Charles G. Dawes.

Dezember 4. 12. Reichskanzler Marx fordert zur Behebung der katastrophalen wirtschaftlichen Lage ein Ermächtigungsgesetz und die Übertragung der gesetzgebenden Gewalt vom Reichstag auf die Reichsregierung.6. 12. Bei den Parlamentswahlen in Großbritannien gewinnen die oppositionellen Parteien (Liberale Partei und Labour Party) 91 Mandate. Die regierenden Konservierenden verlieren die absolute Mehrheit der Mandate.8. 12. Reichskanzler Marx fordert das Ermächtigungsgesetz vehement und droht mit einer Reichstagsauflösung. Mit Unterstützung der SPD verabschiedet der Reichstag das Ermächtigungsgesetz.Skandale um die Uraufführungen von Bertolt Brechts Stück „Baal“ in Leipzig.10. 12. Medizin-Nobelpreis an die Kanadier Frederick Grant Banting (1891-1941) und John Macleod (1876-1935) für die Isolierung des Insulins. Die Entscheidung ruft Protest hervor, da Macleod lediglich sein Labor zur Verfügung gestellt haben soll. Der an der Isolierung von Insulin maßgeblich beteiligte Physiologiestudent Charles Herbert Best (1899-1978) hingegen bleibt bei der Ehrung unberücksichtigt.15. 12. Tod des französischen Ingenieurs und Architekten Gustave Eiffel (1832-1932) in Paris.22. 12. Der Reichskommissar für Währungsangelegenheiten Schacht wird zum Nachfolger des verstorbenen Reichsbankpräsidenten Rudolf Havenstein (1857-1923) ernannt.23. 12. Durch die von Reichsarbeitsminister Heinrich Brauns erlassene Verordnung zur Arbeitszeit wird der Achtstundenarbeitstag faktisch außer Kraft gesetzt. Durch zahlreiche Ausnahmebestimmungen zur Verlängerung der Arbeitszeit soll die wirtschaftliche Krise überwunden werden.

Außerdem:Knut Hamsun (1859-1952): Das letzte Kapitel (Roman)Heinrich Mann: Diktatur der Vernunft (Roman)Thomas Mann: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (Roman)Arthur Moeller van den Bruck: Das Dritte Reich (Politisch-spekulative Abhandlung)Rainer Maria Rilke: Duineser Elegien (Gedichtzyklus) -Chronik 1923 – QUELLE: http://www.dhm.de/lemo/html/1923/index.html

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  • Menschenfreund  Am Juli 15, 2012 um 8:35 pm

    ESM Regling: Staaten müssen für Bankenhilfen nicht haften

    14.07.2012 · Euro-Staaten müssen möglicherweise nicht mehr für direkte Bankenhilfen aus dem Rettungsschirm ESM haften. Wenn ESM-Hilfen künftig direkt an Banken gegeben würden und nicht mehr über die Regierungen des betreffenden Landes liefen, „dann ist das Land raus aus der Haftung“, sagte ESM-Chef Regling.
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    Direkte Bankenhilfen: Kuenftiger ESM-Chef widerspricht Schaeuble © dapd

    Der künftige ESM-Chef Klaus Regling

    Für die geplanten direkten Bankenhilfen des Euro-Rettungschirms ESM müssen die betreffenden Länder womöglich nicht mehr haften. Davon geht der künftige ESM-Chef Klaus Regling aus. Wenn Hilfen aus dem ESM künftig wie vorgesehen direkt an Banken gegeben würden und nicht mehr über die Regierungen des betreffenden Landes liefen, „dann ist das Land raus aus der Haftung“, sagte Regling gegenüber der „Welt am Sonntag“. Dies könnte bedeuten, dass die den ESM tragenden Länder insgesamt für einen Kreditausfall haften müssten.

    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte hingegen kürzlich gesagt, er erwarte, dass auch weiterhin die Heimatländer der Banken hafteten. Auf dem EU-Gipfel war im Juni beschlossen worden, dass Banken in bestimmten Fällen direkte Hilfen aus dem ESM bekommen können. Bislang wurden Rettungsbeiträge nur an Regierungen ausgezahlt.

    Regling sagte, wenn es eine wirkliche Bankenaufsicht durch die EZB gebe, „dann besteht die Möglichkeit, dass wir Kredite direkt an Banken geben und sie nicht wie heute über die Regierung leiten. Dann ist das Land raus aus der Haftung.“ Dieser Meinung sind grundsätzlich auch Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker und Währungskommissar Olli Rehn. Schäuble hat sich hingegen mehrfach gegenteilig geäußert.

    Der Sprecher des von Regling geleiteten vorläufigen Rettungsfonds EFSF, Christof Roche, wies unterdessen die Darstellung zurück, Regling habe mit seinen Äußerungen dem Bundesfinanzminister widersprochen. Regling sei in dem Interview „nicht zu den Ansichten des Finanzministers befragt worden“, sagte Roche am Samstag. Roche wies darauf hin, dass bei der derzeit verhandelten Bankenrekapitalisierung in Spanien der spanische Staat die Haftung übernehme. Das entspreche den Leitlinien des EFSF und dem Entwurf der Leitlinien für den ESM.
    „Möglichkeit“ einer direkten Kreditvergabe

    Allenfalls dann, wenn in der Zukunft die Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB) erfolge, bestehe die „Möglichkeit“ einer direkten Kreditvergabe an Banken. Die Fragen nach den Details der Regelung einer direkten Kreditvergabe an Banken, die dann unter einer europäischen Aufsicht stehen, inklusive der Rolle der Staaten, stellten sich aber erst, wenn diese europäische Aufsicht stehe.

    Regling warb in dem Interview zudem generell für mehr Vertrauen in den Rettungsschirm. „Unsere Arbeit wirkt doch“, sagte er. Irland und Portugal seien „Erfolgsgeschichten“. Irland werde kommendes Jahr an den Markt zurückkehren können, was ohne die Rettungszahlungen kaum möglich gewesen wäre. Dies zeige, dass Liquiditätshilfen zwar Reformen unterstützen, aber nicht ersetzen können. „Hilfen können nur die Zeit überbrücken, bis die Märkte glauben, dass die Reformen wirklich greifen“, sagte Regling. „Die müssen aber auch konsequent umgesetzt werden.“
    Schäuble: ESM-Risiken klar definiert

    Schäuble sagte der „Mittelbayerischen Zeitung“, die deutschen ESM-Risiken seien klar definiert und auf 190 Milliarden Euro begrenzt. Das seien alle deutschen ESM-Risiken. Am Donnerstag will der Bundestag in einer Sondersitzung über die Hilfen für den spanischen Bankensektor beraten.

    Unterdessen sieht der Bund der Steuerzahler wegen des ESM Steuererhöhungen auf die Deutschen zukommen. Dafür gebe es ein „hohes Risiko“, sagte Präsident Reiner Holznagel gegenüber MDR Info. Es gehe in der europäischen Rettungspolitik um Milliarden, und die deutschen Steuerzahler seien diejenigen, die am kräftigsten dazu beitragen müssten. Insofern sei „die Gefahr hoch, dass zukünftig Steuererhöhungen anstehen“. Der Bundestag hätte dem ESM eigentlich nicht zustimmen dürfen, sagte Holznagel weiter. Schon jetzt betrage die Pro-Kopf-Verschuldung 25.000 Euro. Wenn man Risiken und Haftungspotenziale dazurechne, komme man schnell auf 30.000 bis 35.000 Euro.

  • Menschenfreund  Am Juli 15, 2012 um 8:37 pm

    Bundesverfassungsgericht Die Normativität des Praktischen

    10.07.2012 · Das Bundesverfassungsgericht befasst sich mit den Klagen gegen ESM und Fiskalpakt. Obwohl es ein Eilverfahren ist, will sich das Gericht Zeit nehmen. Die Folgen sind alles andere als klar.
    Von Joachim Jahn und Reinhard Müller, Karlsruhe
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    Bundesverfassungsgericht verhandelt über Euro-Klagen
    © dpa Links-rechts-Kombination: Gregor Gysi (Die Linke) und Peter Gauweiler (CSU) gehören zur Gruppe der Kläger gegen den Rettungsschirm

    Es ist ein Eilverfahren, aber dieses Mal könnte sich das Bundesverfassungsgericht mehr Zeit nehmen als sonst. Es war ohnehin vieles anders als sonst im provisorischen Dienstsitz des Gerichts in Karlsruhe. Eine mündliche Verhandlung findet in der Regel nicht statt, und die am Dienstag war auch noch außergewöhnlich gut besucht. Zudem wurde noch vor dem Einzug der Richter ein Telefonier- und Twitterverbot ausgesprochen. Weil sonst die Märkte nervös werden könnten?

    Jedenfalls ging es ums Ganze: Die zahlreichen Kläger gegen die deutschen Zustimmungsgesetze zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und zum Fiskalpakt wollen verhindern, dass der Bundespräsident völkerrechtlich vollendete Tatsachen schafft. Ist Deutschland erst einmal gebunden, ist es für ein Karlsruher Hauptsacheverfahren zu spät. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle kündigte eine „verfassungsrechtlich vernünftige Prüfung“ der Klagen an, die über ein normales Eilverfahren hinausgehen könne. Das Gesetz zum ESM hatte ursprünglich schon am 1. Juli in Kraft treten sollen. Voßkuhle erläuterte, zwar würden in einem Eilverfahren normalerweise nur die jeweiligen Nachteile abgewogen, die entstünden, wenn dem Eilantrag stattgegeben wird oder nicht.
    „Die Politik strebt einen neuen Staat an“

    Solch eine reine Folgenabwägung ohne Aussagen über den Gehalt der Klagen werde aber im konkreten Fall womöglich international nicht verstanden. Werde dem Eilantrag stattgegeben, heiße es in der internationalen Presse: „Euro-Rettung gestoppt“. Andererseits hätten die Kläger aber Anspruch auf ein ordentliches Verfahren mit einer gründlichen Prüfung im Hauptsacheverfahren. Zuvor hatte das Gericht an den Bevollmächtigten der Bundesregierung, Ulrich Häde, die Frage gerichtet, wie viel Zeit denn für eine solche gründlichere Prüfung bleibe, ohne dass es zu negativen Folgen auf den Märkten komme. Häde antwortete, das Gericht könne zu seinem Ergebnis auch in einer Prüfung kommen, die einige Wochen über die sonst übliche Drei-Wochen-Spanne hinausgehe.
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    © REUTERS Entscheidet mit seinen Richtern über die Euro-Rettungspläne der Bundesregierung: Andreas Voßkuhle

    Schon um den Maßstab der Prüfung im Eilverfahren wurde recht ausführlich gerungen – hatte doch das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung zum deutsch-deutschen Grundlagenvertrag enge Grenzen für ein einstweiliges Aufhalten eines völkerrechtlichen Vertrages gesetzt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hob freilich vor dem Zweiten Senat hervor, dass eine deutliche Verschiebung des ESM über den Juli hinaus „eine erhebliche Verunsicherung der Märkte bedeuten“ könnte. Die Krisensymptome würden verstärkt, „mit negativen ökonomischen Folgen“. Die Spekulationen über den Euro-Austritt einiger Länder würden angeheizt. Dies bringe nicht absehbare Gefahren auch für die deutsche Wirtschaft, wie etwa im Krisenjahr 2009. Der Klägervertreter Karl Albrecht Schachtschneider wies indes die Forderung nach einer mehr als summarischen Prüfung der Klagen schon im Eilverfahren scharf zurück. Die Prüfung des Sachverhalts „muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten werden“. Er ist der Ansicht, die politische Freiheit entfalte sich im Staat, und: „Die Politik strebt einen neuen Staat an.“ Die Währungsunion sei gescheitert und auch nicht in Form einer Schuldenunion zu retten.
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    Der Freiburger Staatsrechtslehrer Dietrich Murswiek, der wieder für den erprobten Euro-Kläger Peter Gauweiler auftrat, sieht die Währungsverfassung durch die Abschaffung des „Bail-out-Verbots“ grundlegend verändert. Das Gesamtpaket sei mit dem Demokratieprinzip nicht mehr vereinbar.
    Haushaltsrisiken von 310 Milliarden Euro

    In den Augen des Bundesfinanzministers stellt dagegen der ESM einen dauerhaften Mechanismus zur Bewältigung der Krise bereit. Im Falle eines Scheiterns des ESM, so die Argumentation, wäre die Stabilität in der Eurozone in Gefahr.

    Der Europapolitiker und Bundestagsabgeordnete Gunther Krichbaum (CDU) trat dem Eindruck entgegen, die Gesetze seien im Eiltempo verabschiedet worden. „Der Deutsche Bundestag nimmt seine Rolle in der Europapolitik sehr, sehr ernst“, versicherte er. Auch der Finanzpolitiker Florian Toncar (FDP) sagte, das Verfahren sei ordnungsgemäß verlaufen: Wesentliche Entscheidungsgrundlagen hätten schon Monate vor der Verabschiedung der Zustimmungsgesetze vorgelegen. „Wir haben das sehr gründlich in Ausschüssen, Fraktionen und Anhörungen erörtert.“ Auch die „kritischen Kollegen“ seien sehr ausgiebig zu Wort gekommen.

    Der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), gestand zu: „Ob der Weg, den wir eingeschlagen haben, der Königsweg ist, wird die Geschichte zeigen – wir hatten eine solche Situation noch nie.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, warnte: „Wenn der Euro scheitert, stellt das das ganze Einigungsprojekt der EU in Frage.“ Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Petra Merkel (SPD), versicherte ebenfalls, die Meinung der Kritiker sei immer wieder in die Abwägungen eingeflossen. Derzeit betrügen die Haushaltsrisiken 310 Milliarden Euro. „Und wir haben viele Möglichkeiten einzugreifen, wenn sich etwas ändert.“
    Ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen

    Der CDU-Abgeordnete Manfred Kolbe bemängelte hingegen, bei den Abstimmungen habe es fast immer an bezifferten Alternativen zu den Rettungsmaßnahmen gefehlt: „Es gab nur allgemeine Horrorszenarien.“ Auch sei es kaum möglich gewesen, die Fülle der Unterlagen zu verarbeiten. Skeptisch zeigte er sich auch über die bevorstehende Abstimmung über die jetzt in Brüssel beschlossenen Hilfen in Höhe von 20 Milliarden Euro für spanische Banken: „Wenn wir uns damit befassen, ist das Geld doch schon ausgegeben.“ Der SPD-Abgeordnete Peter Danckert äußerte, die parlamentarische Beteiligung in europäischen Angelegenheiten stehe allenfalls auf dem Papier. „Wir sind nie vorher gefragt worden.“ Allerdings wolle er auch nicht behaupten, die Regierung habe in böser Absicht gegen die Verfassung verstoßen.

    Jedenfalls sind die Folgen alles andere als klar: So hält Bundesbankpräsident Jens Weidmann die Konsequenzen eines einstweiligen Stopps des ESM für „höchst spekulativ“. Die Finanzmärkte hätten ein verspätetes Inkrafttreten schon „teilweise eingepreist“, sagte er vor dem Zweiten Senat. Für den absehbaren Finanzbedarf Spaniens und Zyperns würden die noch vorhandenen Mittel im vorläufigen Rettungsschirm EFSF ausreichen. Andererseits biete „auch eine rasche Ratifizierung keine Gewähr, dass sich die Krise nicht mehr zuspitzt“, sagte Weidmann. Garantien der Staaten seien immer nur so weit glaubwürdig, wie auch die Märkte glaubten, dass die Zahlungspflichten erfüllt werden können. Auch der Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin sei aus seiner Sicht „nicht ausreichend, um am Ende zu sichern, dass es ein tragfähiges Fundament der Währungsunion gibt“.

    Die geschilderten Sachzwänge nahm Gerichtspräsident Voßkuhle zum Anlass für die Frage, ob sich nicht auch solche faktischen Zwänge „zu einem normativen Argument auswachsen“ könnten. Der Vorsitzende des Zweiten Senats gestand jedenfalls ein, dass das Verfahren in mehrfacher Hinsicht nicht einfach ist sei. „In der Politik erfordern ungewöhnliche Situationen und Krisen häufig ungewöhnliche Maßnahmen.“ Die Gesetze seien immerhin mit zwei Dritteln der Stimmen des Bundestages und Bundesrates verabschiedet worden. Dennoch dürfe in solchen Krisenlagen die Verfassung nicht an den Rand gedrängt werden. „Europa fordert den demokratischen Verfassungsstaat ebenso wie der demokratische Verfassungsstaat Europa fordert. Wer dieses Verhältnis zu einer Seite auflöst, verliert die andere!“

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